Unser Betriebserfahrungsaustausch 2025 führte uns vom 14.04. bis zum 17.05.2025 nach Cuxhaven: Bericht Wilhelm Stock

 

Vom Untergang der “Cöln” bis nach Helgoland

 

Vom 14. – 17. 05. 2025 fand die Fahrt mit Partner der Bezirksgruppe Hambach vom Bezirksverein Rheinische Braunkohle mit dem Ziel Cuxhaven und Umgebung statt.
Um 6:00 Uhr morgens starteten 44 Teilnehmer mit einem Reisebus vom Parkplatz des Tagebau Hambach. Gegen Mittag erreichten wir den Hafen von Cuxhaven, wo uns unser Reiseführer Wolfgang Zinow erwartete. Wir kennen Wolfgang schon seit Jahren von einem Betriebserfahrungsaustausch in Stralsund.

 

Nach fischlastiger Stärkung in der „Kleine Fischkiste“ stand ein Besuch im Museum „Windstärke 10“ an. Mit der Zusammenlegung des Fischereimuseums mit dem Wrackmuseum, ergänzt durch eine große Sammlung maritimer Antiquitäten, steht dort ein guter Überblick zur Fischereigeschichte Cuxhavens und dem Schicksal einiger untergegangener Schiffe in der Nordsee.

 

Unsere Reisegruppe
Foto: Gernot Wolf

 

Eines dieser Schicksale war der Untergang des kleinen Kreuzers Cöln beim Seegefecht von Helgoland im ersten Weltkrieg, wo bis auf den Kölner Oberheizer Neumann 509 Menschen der Besatzung den Tod fanden. Der Bug eines Rettungsbootes hängt in der Eigelsteintorburg in Köln, wo auch eine Gedenktafel an diesen tragischen Untergang erinnert. Bei einer Köln-Führung durch den Köln-Kenner und Kameraden Albert Dingler kam die Idee auf, die Spuren der Cöln im Cuxhavener Museum weiter zu verfolgen. Eine bei der endgültigen Sprengung des Wracks zur Verkehrswegesicherung geborgene Kanone befand sich noch im alten Wrackmuseum, über ihren Verbleib ist aber heute leider nichts mehr bekannt.

 

Eine hochinteressante Führung durch zwei ehemalige Seeleute brachte uns die Welten der Hochseefischerei und die tragischen Geschichten der vielen Wracks in der Nordsee eindrucksvoll nahe.

 

Nach dem Einchecken im Hotel Wernerwald in Cuxhaven und einem hervorragenden Abendessen gab es bei dem ein oder anderen Getränk viele gute Gespräche.

 

Am Donnerstag stand eine Fahrt nach Helgoland mit dem Katamaran auf dem Programm, primäres Ziel dort war der dortige Stützpunkt der RWE Renewables, den wir besuchen durften.
Wie ist das Zusammenspiel der Offshore-Windkraft und Helgoland? Die Offshore-Windindustrie wurde in den letzten Jahren zu einem neuen Wirtschaftszweig.
Helgoland profitiert mit seiner Lage rund 40 Kilometer vor der deutschen Nordseeküste und eignet sich besonders gut als Servicehafen für den Betrieb und die Wartung von Offshore-Windparks. Die RWE Renewables betreibt dort einen Stützpunkt, von dem aus die Windparks Nordsee Ost, Amrumbank West und Kaskasi mit einer Leistung von 950 MW gewartet und betrieben werden.

 

Hier wurden wir vom Docksmanager Herrn Topp Petersen von RWE renewables und seinem Kollegen schon erwartet. Nach einer kurzen Sicherheitsunterweisung wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt.

 

Stützpunkt RWE
Bild: W. Stock

 

Wie Windturbinen auf dem Land, so müssen auch Windkraftanlagen zu Wasser regelmäßig gewartet werden, damit sie – wenn der Wind bläst – voll einsatzfähig sind und ein Optimum an Strom liefern können. Die Belastungen durch Wellen und Salzwasser auf die Anlagen auf hoher See sind aber deutlich höher als bei Windturbinen an Land. Der Wartungsaufwand ist deshalb größer. Standardmäßig wird eine Windkraftanlage auf See etwa ein bis zwei Tage im Jahr gewartet. Unvorhergesehene Ereignisse können weitere Wartungsarbeiten erforderlich machen. Hierzu steht ein Hubschrauber zur Verfügung, um das Personal zu den Windkraftanlagen zu transportieren.

 

Die Betriebsdauer eines Offshore-Windparks liegt bei rund 25 Jahren. Für den Stützpunkt auf Helgoland bedeutet das, dass täglich Schiffe mit Service-Personal zu den Windparks auf See aufbrechen und nach beendeter Arbeit am Abend wieder zurückkehren. Von der Kaikante aus werden diese Schiffe mit Werkzeug und Ersatzteilen beladen und betankt.
Das Servicepersonal hat dann ein Schichtsystem mit 14 Tagen Arbeit und 14 Tagen Freizeit. Mit 12-Schichten wird die 24/7 Verfügbarkeit sichergestellt. Am Standort befinden sich auch Unterkünfte für Mitarbeiter, Werkstätten, Gemeinschaftsräumen und natürlich große Läger für Ersatzteile.



Der Einsatz auf Offshore-Windkraftanlagen erfordert spezielle PSA, entsprechende Live-saving-Rules sind implementiert. Da Gewitter, Sturm, Seegang eine bestimmende Komponente bei der Wartung und nie 100% vorhersehbar sind, gibt es auf jeder Windkraftanlage Räume (Safezone), um bei solchen Wettern einige Stunden bis zur Abholung sicher überstehen zu können.

 

Während der 2 Stunden Führung konnten wir auch mehrfach den Ab- und Antransport von Personal zur Entstörung mit dem Heli beobachten.

 

Den Abschluss der Führung bildete ein Video, was den Einsatz eines Vessels an einer Windkraftanlage eindrucksvoll zeigte.



Ein wenig Zeit für Shopping und Stärkung (klar: Fisch…) in der herrlichen Maisonne blieb noch, bevor uns der Katamaran mit immerhin gut 60 km/h nach Cuxhaven zurückkatapultierte.

 

Am Abend war nach einem tollen Abendessen wieder viel „Klöhnschnack“ unter den Teilnehmern angesagt.

 

Der zweite Tag stand dann ganz unter dem Motto „Hafen“.

 

Wir starteten im Hafen von Cuxhaven, dort hatte Wolfgang Zinow eine Befahrung unter Führung von Arne Ehlers, dem Vorstandsvorsitzenden der Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven e. V. organisiert. Cuxhaven ist der zentrale Hafen für den Ausbau der Windkraft in Deutschland und den Anrainern. Dort werden die Komponenten der Windkraftanlagen, die zum Großteil aus China kommen, angelandet, für die Montage vorbereitet und per Schiff oder LKW abtransportiert.  Ein riesiges Areal mit ebenso riesigen Komponenten wie Flügeln oder Kanzeln. Spezialschiffe, riesige Kräne und spezielle Lager- und Transportvorrichtungen werden dazu benötigt. Ein enormer technischer und logistischer Aufwand. Cuxhaven hatte bei der Standortwahl für das Werk von Siemens Gamesa als einem der größten Offshore-Windkraft-Produzenten die besten Karten gegenüber Bremerhaven, weil dort schon die meiste Infrastruktur bestand.

 

Windkraftlogistik
Bild: W. Stock

 

Weiter ging es nach Bremerhaven, wo Wolfgang Zinow die Führung übernahm. Der Hafen von Bremerhaven ist einer der weltweit größten Umschlagplätze für Fahrzeuge aller Art. Insbesondere Pkw werden geladen oder verlassen die gigantischen Deep-Sea-Carrier, wie die Fahrzeugtransportschiffe auch genannt werden, zu Stoßzeiten fast im Sekundentakt. Vor der Coronapandemie lag der Umschlag in der Spitze bei mehr als 2 Millionen Pkw pro Jahr. Im vergangenen Jahr gingen 1,3 Millionen Fahrzeuge in den Export, während 400.000 Pkw von Übersee importiert wurden.

 

Riesige Parkhäuser, Zug- und LKW-Terminals sorgen für An- und Abtransport von PKW’s, aber auch anderen Fahrzeugen wie Traktoren, Kränen, Baggern oder Mähdreschern. Selbst Panzer werden dort verschifft.
Weiter ging es zum alten Fischereihafen, der mit dem Rückgang der Nordseefischerei neue Geschäftsfelder wie den Holztransport in Übersee übernommen hat. Auf dem Weg in die Innenstadt von Bremerhaven kamen wir auch an der Fischstäbchenproduktion von Frosta und Käpt’n Iglo vorbei, wo die Produktionsanlagen von der Straße aus einsehbar sind.

 

Es war schon Mittag, so dass ein Imbiss an einer Fischbude angesagt war. Weiter ging es in die Innenstadt, wo die Hälfte der Teilnehmer eine Hafenrundfahrt erwartete. Der andere Teil konnte das Klimahaus Bremerhaven, das Auswandererhaus oder das Schifffahrtmuseum besuchen, das U-Boot U 2250 - das im Hafen als Museumsschiff liegt - besichtigt werden. Dieses U-Boot wurde zum Ende des 2. Weltkriegs auf der ersten Fahrt von der Mannschaft selbst versenkt, dann Jahre später wieder gehoben, instandgesetzt und war noch einige Jahre bei der Bundesmarine im Einsatz.
Natürlich war auch Shopping angesagt.

 

Im Inneren von U 2250
Bild: W. Stock

 

Nach der Rückfahrt erwartete uns wieder das vorzügliche Abendessen und die aus langer Hand geplante Überraschung: Der „Olenbrooker Schlüsenchor“ – da ist Wolfgang Zinow der Kassenwart. Über 2 Stunden wurden wir mit Shantys und Seemannsliedern beglückt, die Stimmung war grandios. Als zum Schluss das Steigerlied vom Schlüsenchor gesungen erklang, kochte der Saal. Das war eindeutig Spitze – Danke Wolfgang.

Der Olenbrooker Schlüsenchor
Bild: W. Stock

 

Für den/die Einen oder Anderen soll dieser Abend gerüchteweise erst am nächsten Tag geendet haben…

 

Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück stand die Rückfahrt bei bestem Wetter an.
So waren wir dann am Nachmittag wieder am Parkplatz des Tagebau Hambach mit einem Sack voll vieler, guter Erinnerungen. Ein großer Dank an die Organisatoren der Fahrt: Gernot Wolf und Klaus Becker und den lokalen Guide Wolfgang Zinow.



Verfasser: W. Stock