Freiberg: Zwischen Bergbau und Braukunst

Mit einem Glückauf und jeder Menge Eindrücke und Erlebnisse verabschiedeten wir uns in das Wochenende und der festen Absicht uns in Freiberg zur Bergparade anlässlich der 850 Jahrfeier wieder zu treffen und aktiv mit zu marschieren.

 

Aber wie war das mit der Bergziege?

 

Als Debütant beim RDB und meiner ersten Exkursion mit den Kameradinnen und Kameraden der Bezirksgruppe Hambach / Mitte war ich gespannt auf die Reise. Eins kann ich sagen, Wolfgang Engels hatte mit seinem Team ein tolles Programm auf die Beine gestellt.

 

Aber jetzt der Reihe nach.

 

Am 13.07.2011 fuhren wir via Reisebus vom Tagebau Hambach über Kerpen direkt nach Freiberg in Sachsen. Nach 10-stündiger Fahrt erreichten wir unser Ziel. Mitten im Ortskern von Freiberg bezogen wir unser Hotel am Obermarkt.

 

Nach kurzer Erfrischung begrüßte uns der Vorsitzende des BV Bergakademie Freiberg, Dr. Herbert Wiesner. Er vermittelte eine kurze Einführung über die Stadt Freiberg und ihre fast 850-jährige Geschichte. Hier ein kurzer Auszug. 1156 wird Otto von Wettin Markgraf von Meißen. Er lässt das Land zwischen Mulde und Streigris roden. Schon 1168 wurde Silber im Münzbachtal gefunden. Der Beginn des Bergbaus auf der größten erzgebirgischen Silberlagerstätte. Schon 1210 wurde die Freiberger Oberstadt mit Rathaus und Petrikirche gegründet.

Bei herrlichem Wetter machten wir anschließend eine kurze Stadtführung. Vorbei am Obermarkt, Stadttheater und Donatsturm erreichten wir das Kartoffelhaus. Übrigens hat der Donatsturm eine bis zu 5m dicke Außenmauer bei einem Turmdurchmesser von 15 m. Er ist Bestandteil der Stadtmauer und diente in der jüngeren Geschichte als Getreidespeicher. Bekam die Bergziege hier ihr Futter und was hat das Kartoffelhaus mit Bergmänner zu tun?

Die Chronik des "Kartoffelhauses" beginnt mit einem uralten Berghaus aus dem Jahre 1535. Genau an dieser Stelle soll sich im Jahre 1168 der sagenumwobene Silberfund zugetragen haben. Wegen der originalen Rekonstruktion und seiner einmaligen Architektur gilt das "Kartoffelhaus" als sehenswertes Bauwerk. Es beheimatet ein uriges Restaurant. Neben Bier und Wein auch, wenn wundert's, Kartoffeln.

Die Teilnehmer der Exkursion vor dem Kartoffelhaus. Es fehlt "Ines" - die hat das Foto gemacht.

Ermattet von den Eindrücken des ersten Tages und der Anreise erwartete uns ein wohlverdienter Schlaf.

Die Grube "Reiche Zeche"

Zeitig am nächsten Tag stand ein weiterer Höhepunkt auf der Tagesordnung. Der Besuch der Grube "Reiche Zeche". Eingekleidet in rustikaler PSA und Sicherheitsunterweisung fuhren wir ein. In 120m Tiefe erkundeten wir den Erzbergbau vor Ort.

Die Reiche Zeche dient heute als Lehrbergwerk und ist für bergbauinteressierte Besucher zugängig. Die TU Bergakademie Freiberg betreibt heute als einzige Technische Universität in Deutschland eine Bergwerksanlage für Lehre, Forschung und Bildung. Zum Lehrbergwerk gehören die seit dem 14. und 16. Jahrhundert bekannten Silbergruben "Reiche Zeche" und "Alte Elisabeth", gesicherte Auffahrungen von 14 km Länge und bis in eine Tiefe von 230m. Ausrüstungen und Sachzeugen dokumentieren den Freiberger Gangerzbergbau über einen Zeitraum von 600 Jahren.

 

Das wissenschaftlich- technische Grubenpersonal führt die Bergwerksanlage und unterstützt die Umsetzung der Lehr- und Forschungsprogramme untertage gemeinsam mit den zuständigen Wissenschaftlern der Fachinstitute. Diese zentrale wissenschaftliche Einrichtung wird genutzt für die studentische Ausbildung geowissenschaftlicher und geotechnischer Studiengänge in den Ausbildungsgängen Bergbautechnologie, Abbauverfahren. Sprengtechnik, Grubenbewetterung, Strahlenschutz, Vermessungstechnik, Geothermie und Umweltgeochemie um nur einige zu nennen. Der Name des Gebirges entstand im 15. Jahrhundert und weist auf den Erzreichtum dieser Region hin. Die Erzvorkommen waren die Grundlagen für einen über 800- jährigen Bergbau auf Silber, Buntmetalle, Eisen und in der letzten Betriebszeit auch auf Uran.

Klaus Peusquens, links | Willi Triebler, rechts

Das System von Erzgängen wurde durch hydrothermale mineralhaltige Lösungen gebildet. Wichtige Erze der Freiberger Lagerstätte sind Bleiglanz (Galenit), Zinkblende (Sphalerit), Schwefelkies (Pyrit), Arsenkies (Aresenopyrit), Kufpferkies (Chalkopyrit) und Silbererze. 24 verschiedene Silberminerale sind bekannt. Eine Sonderstellung bilden die Silberlocken.

Unter Tage konnten wir uns ein Bild machen von den Arbeitsbedingungen der Bergleute und den verschiedenen Erzgängen und Abbaumethoden. Als Bergmann musste man einen starken Charakter und einen festen Glauben haben.

Bei kümmerlichem Funzellicht konnten einem die Sinne Streiche spielen. Es wurde berichtet, dass einem Bergmann einsam in seinem Gang der Teufel begegnet sei. Eine kleine gehörnte Gestalt mit funkelnden Augen.

Oder war es nur eine Bergziege? Bekannt ist, dass die Bergmänner ihre Ziegen mit Unter Tage genommen haben, damit sie vor Diebstahl geschützt waren. Dort bekamen sie auch ihr Heu.

Nach der Führung bekamen wir kein Heu sondern eine kleine Stärkung in Form von Schnittchen und Freiberger Bier. Zum Bier gleich später mehr.


Die mineralogische Sammlung im Schloss Freudenstein

 

Nach der Bergwerksbesichtigung konnten wir auf die Dauerausstellung "terra mineralia" im Langen Haus des Schlosses Freudenstein, eine private Schweizer Mineraliensammlung, einen Blick auf die Wunder der Natur werfen. Minerale in allen Farben und Formen. Diese weltweit größte private Sammlung besteht aus etwa 80.000 Mineralienstufen, vorwiegend Kabinettstücke, wovon ein Teil auf einer Ausstellungsfläche von rund 1.500 m² dargeboten wird. Sie wurde im Jahr 2004 als Dauerleihgabe der von Erika Pohl-Ströher errichteten Pohl-Ströher-Mineralienstiftung der TU Bergakademie Freiberg zur Verfügung gestellt.

Wie entstehen Minerale am Beispiel des Erzgebirges? Die Freiberger Gangerzlagersätte gehört zum Typ der Blei-Zink-Silber- Erzlagerstätten. Das Nebengestein besteht aus unterschiedlich strukturierten Gneisen. An einigen Stellen sind die Gangspalten nicht vollständig durch Erzminerale ausgefüllt. In den verbleibenden Hohlräumen können Minerale auskristallisieren. Kristallstufen und Belegstücke aus den Gängen dienen der mineralogischen und lagerstättenkundlichen Forschung und werden gesammelt.

Das Schloss beheimatet zudem das Bergarchiv Freiberg des Sächsischen Staatsarchivs als Spezialarchiv Sachsens für den Montanbereich. Es bewahrt Archivgut zur Montangeschichte Sachsens und Deutschlands seit dem 15. Jahrhundert und verwahrt etwa 4.600 m Akten und 106.000 Karten.


Abendmusik mit der großen Silbermannorgel im Freiberger Dom und einem vermissten Kameraden

Ein musikalischer Genuss der Sonderklasse sollte der Besuch der 10. Abendmusik im Freiberg er Dom sein. Es spielte Martin Sander aus Heidelberg. Er spielte Werke von Franz List, Johann Sebastian Bach sowie Werke von Muffat und Schumann.

 

Doch vorher habe ich gelernt, dass Bergfrauen und -männer zusammenstehen. Denn unerwartet haben wir einen Kameraden verloren. Wie konnte das geschehen? Als Wolfgang die Teilnehmer für das Abendkonzert einzeln abfrug, fehlte Einer. Sofort wurde alle via Handy informiert. Sogleich machten sich alle in 2-er Teams auf und systematisch wurde die Stadt abgesucht. Nach 2 Stunden vergeblicher Suche entschloss sich Wolfgang im Hotelzimmer des Vermissten zu suchen. Und siehe da, ein ausgeschlafener Kamerad öffnete die Tür und wunderte sich über den Besuch. Erleichtert der Sorge konnten wir die Abendmusik genießen und im Ratskeller zu Freiberg den Tag ausklingen lassen. Verdient haben wir uns das Bier. Doch vom Bier gleich mehr…

Mit der Drahtseilbahn von Erdmannsdorf auf die Augustusburg

 

Am frühen Morgen des letzten Tags besuchten wir Schloss Augustusburg. Denn Sachsen beherbergt eine Reihe schöner Schlösser. Von Erdmannsdorf ging es mit der Drahtseilbahn hinauf zur Burg. Die Bahn wurde 1911eröffnet und überwindet einen Höhenunterschied von 168 m.

Die Burg wurde im Jahr 1567 durch den Bürgermeister von Leipzig Hieronymus Lotter. als Jagdschloss geplant. Im ersten Baujahr entstand das Sommerhaus mit vollständig gedecktem Dach. Die restlichen Eckhäuser Hasen-, Linden- und Küchenhaus sowie die Schlosskapelle wurden im folgenden Jahr 1569 errichtet.

Das Nord- und Südportal und die dazugehörigen Verbindungstrakte wurden im dritten Baujahr mit einem Notdach winterfest fertig gestellt. Den Galerietrakt, der das Sommer- mit dem Hasenhaus verbindet, begann Lotter ebenfalls im Jahr 1570. Kurfürst August, enttäuscht über den langsamen Fortschritt des Bauvorhabens, ordnete an, dass das Linden-, das Sommer- und das Küchenhaus bis zum Jahresende bezugsfertig seien.

Zur selben Zeit wies er den Hofmaler Heinrich Göding an, mit der Ausmalung der Innenräume zu beginnen. Am Ende des Jahres waren zwei der sechs Bilderdecken des Schlosses und 23 Gemächer farblich gestaltet. Stark verärgert über den Baufortschritt, trotz Fertigstellung des Galerietraktes, der Kirche und der Torbauten, und die stark gestiegenen Baukosten entließ der Kurfürst Hieronymus Lotter 1571 und übergab dem in seinen Diensten stehenden Florentiner Rochus Guerrini Graf zu Lynar die weitere Oberaufsicht über das Baugeschehen.

Nach vielen erfolglosen Versuchen, Wasser auf den Schlossberg zu bringen, wurde von dem Freiberger Bergmeister Hans Planer 1568 bis 1577 ein Brunnen in den Fels geschlagen. Die schwere Arbeit führten erst Bergleute aus, später gefangene Wilderer. Erst in der Tiefe von über 130,6 m - der heutigen Brunnentiefe - konnte Wasser gefunden werden. Dieser Brunnen ist nach dem auf der Festung Königstein der zweittiefste in Sachsen.

Der Fotograf hatte schon einige Wasser getrunken.

Das Wasser ist vorzüglich…


Freiberger Spezialitäten

 

Anschließend ging es zur Brauerei Freiberger Pils nach Freiberg. Unter sachkundiger Führung erhielten wir einen Einblick in den Brauprozess. Wie in vielen anderen technischen Bereichen ist auch der Brauprozess nahezu vollautomatisiert und wird von 10 Personen überwacht und gesteuert. Hier ein paar Einblicke zum Brauprozess:

Alle drei Stunden wird ein Sud aus 8 Tonnen Malz eingebraut: Malzschrot wird in der Maischbottichpfanne mit Wasser eingemaischt, gerührt, stufenweise erhitzt und verzuckert. Die Maische wird von unten in den Läuterbottich gedrückt und die flüssige Würze von den festen Bestandteilen (Trebern) getrennt. Die Würze kocht in der Whirlpoolpfanne, der Hopfen wird zugegeben. Der Anteil aller gelösten Stoffe wird als Stammwürze bezeichnet. Nach dem Kochen werden 500 hl Würze ausgeschlagen, im Gärkeller kühlt die Würze auf 12 Grad Celsius und untergärige Hefe wird zugegeben - auf einen Hektoliter Würze zwischen einem halben und einem Liter Hefe.

Nach etwa 6 Tagen hat die Hefe den Zucker der Würze in Alkohol, Kohlensäure und biertypische Aromastoffe vergoren. 14 Tage reift das Freiberger Pils aus. Während dieser Reifephase reichert sich das Bier auf natürliche Weise mit Kohlensäure an. Dann folgt der "letzte Schliff". Für eine erste Klärung fließt das Bier über einen Hefeseparator zur Filtration. Pro Tag können bis zu 3.000 Hektoliter ins Reine gebracht werden.

Das filtrierte Freiberger Pils wird in Drucktanks gepumpt und dort bis zur Abfüllung in Fässern und Flaschen gelagert. Eine permanente Kontrolle sichert die hohe Qualität der gesamten Produktion: Aller zwei Stunden werden Proben entnommen und im Labor untersucht.

Die Abfüllanlagen können stündlich 50.000 Flaschen und rund 60 Fässer mit Freiberger Pils befüllen und versandfertig verpacken...

 

... oder die Bezirksgruppe Hambach / Mitte kommt und verköstigt…

 

Nach Rückfahrt nach Freiberg hielten wir einen gemeinsamen Abschlussabend im Kaminzimmer des Ratskellers und ließen die Eindrücke der Fahrt Revue passieren.

Abschied

 

Am Morgen des 16.07. fuhren wir zurück, vollzählig. Unser Dank gilt Wolfgang Engels, Wilhelm Stock, Klaus Becker und Dr. Herbert Wiesner für diese wunderbare Exkursion.

Reisebericht: Exkursion zum

BV Bergakademie Freiberg

vom 13. - 16.07.2011

Frank Topp - BG Hambach / Mitte

Quellen:


"Die Himmelfahrt Fundgrube", Dr. Bayer, Lehrbergwerk


Zu Stadt Freiberg und Burg Augustusburg, Wikipedia vom 29.07.2011


Zu Brauerei Freiberger Pils die Internetseite "www.freibergerpils.de" vom 29.07.2011


Bilder RDB BG Hambach / Mitte